07.04.2025
„Ich glaube, es ist gottgewollt, dass wir arbeiten, wenn auch nicht im Sinne eines Fluches der Erbsünde. Arbeit ist etwas Wunderschönes und ein Leben ohne Arbeit ist eine Strafe.“ – Heinz Nixdorf, 1986
Heinz Nixdorf war der bedeutendste deutsche Computerpionier, der die Nixdorf Computer AG zu einem internationalen Konzern aufbaute. Er brachte den Computer an den Arbeitsplatz und sah sich stets der Sozialen Marktwirtschaft verpflichtet. Seine Leistungen wirken bis heute nach.
Jugend in Armut
Heinz Nixdorf wurde 1925 als erstes von fünf Kindern in Paderborn geboren und entstammte dem katholischen Arbeitermilieu. Seine Mutter Änne war gelernte Schneiderin, sein Vater Walter war als Handelsreisender tätig. In den 1930er-Jahren war der Familienvater längere Zeit arbeitslos und fand erst 1939 eine Anstellung bei der Deutschen Reichsbahn.
Die erlebte Armut, die zugleich seine Ausbildungsmöglichkeiten erheblich einschränkten, prägten Nixdorfs Handeln zeitlebens und war eine wesentliche Triebfeder für seinen späteren unternehmerischen Wagemut. Der Besuch einer höheren Schule war ihm zunächst nicht möglich, erst seine hervorragenden schulischen Leistungen eröffneten Nixdorf die Möglichkeit, als Seminarist eine Lehrerbildungsanstalt zu besuchen. Diese Ausbildung brach er jedoch ab, strebte kurzzeitig das Abitur an, jedoch verhinderte die Einberufung 1943 zum Reichsarbeitsdienst und anschließend zur Luftwaffe zunächst einen Schulabschluss.
Wie so viele fühlte er sich nach Kriegsende um seine Jugend betrogen. Nach 1945 kristallisierte sich bei ihm eine feste Verwurzelung in einem gesellschaftspolitischen Leitbild heraus, in dem sich Positionen der christlichen Soziallehre wiederfinden. Aspekte wie Freiheit, das Recht auf Eigentum und das Zusammenwirken von Kapital und Arbeit für den allgemeinen Nutzen wurden für ihn zu zentralen Werten.
Unternehmensgründung mit 27 Jahren
Nachdem er sein Abitur 1947 nachholen konnte, begann er in Frankfurt am Main ein Physik- und Betriebswirtschaftsstudium. 1952 verließ er die Universität ohne Abschluss. Mit nur 27 Jahren besaß er den Mut zum unternehmerischen Risiko und gründete in Essen ein Unternehmen, das Labor für Impulstechnik.
Dieses Vorhaben startete er mit dem Bewusstsein, einen starken und in jeder Hinsicht zuverlässigen Partner an seiner Seite zu haben: Walter Sprick. Er stand Nixdorf in der Zeit der Unternehmensgründung als Mentor in technischen und unternehmerischen Fragen zur Seite, um elektronische Rechner – Computer – zu bauen.
Das 1957 nach Paderborn verlegte Labor für Impulstechnik war zunächst ein Zulieferbetrieb für elektronische Rechner, entwickelte sich bereits ab den 1960er-Jahren aufgrund technischer Innovationen und der Technologieoffenheit zum Dreh- und Angelpunkt der deutschen Büromaschinenindustrie.
Rasanter Aufstieg der Nixdorf Computer AG
1968 gelang mit der Übernahme der Kölner Wanderer-Werke, dem größten deutschen Hersteller von Büromaschinen, ein unternehmerischer Coup. Das Unternehmen trug ab diesem Zeitpunkt den Namen Nixdorf Computer AG (NCAG).
Mit dem wachsenden wirtschaftlichen Erfolg in der Zukunftsbranche der Computerindustrie wuchs zugleich die öffentliche Aufmerksamkeit. Als Führungs- und Galionsfigur gab Nixdorf der NCAG ein markantes Gesicht. Nixdorf war der Vorzeigeunternehmer des deutschen Wirtschaftswunders, die „Primaballerina der europäischen Wirtschaft“ (Helmut Schmidt). Mit seiner knorrigen, westfälischen Art war er der Liebling der Medien, der kein Blatt vor den Mund nahm.
Die Rolle des Unternehmers interpretierte er in erster Linie als Verantwortung gegenüber der Gesellschaft. Als Praktiker und Pragmatiker verstand er darunter vor allem die Schaffung neuer Arbeitsplätze und deren soziale Ausgestaltung im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft. Ausbildungsmöglichkeiten für junge Menschen, ein gerechter Arbeitslohn, die Beteiligung von Arbeitnehmern am Unternehmen und Hilfe zur Selbsthilfe bestimmten sein Handeln.
In den 1970er- und 1980er-Jahren entwickelte sich die Nixdorf Computer AG schließlich zum Branchenprimus der elektronischen Datenverarbeitung in Deutschland. Jährliche Umsatzsteigerungen von 20 Prozent waren die Regel. Möglich wurde das enorme Wachstum aufgrund der hohen Nachfrage nach Computern infolge von Rationalisierungsmaßnahmen in Wirtschaft und Verwaltung. Zudem waren die Preise der Produkte auf eine hohe Marktdurchdringung ausgelegt und die gut ausgebauten Vertriebsgesellschaften hatten eine besondere Markt- und Kundennähe. Als Systemanbieter bot die Nixdorf Computer AG Hard- und Software aus einer Hand an. Dies entsprach dem Kundenwunsch, nur einen Ansprechpartner für die undurchschaubar erscheinende, aber erforderliche Technik zu haben.
Ab 1982 bot Nixdorf als erstes deutsches Unternehmen auch digitale Telefonvermittlungsanlagen an und auch PCs, wie der Nixdorf 8810 samt MS-DOS, waren im Angebot. Mit PCs erzielte man 1989 zwar etwa eine halbe Milliarde D-Mark Umsatz, jedoch keinen Gewinn.
Wirkung bis heute
1986 endete mit dem plötzlichen Tod des Unternehmensgründers auf der CeBIT beinahe schlagartig das goldene Zeitalter der Nixdorf Computer AG. 1990 wurde die Nixdorf Computer AG mit dem Datenverarbeitungsbereich der Siemens AG zu Siemens Nixdorf Informationssysteme zusammengelegt.
Weder die Nixdorf Computer AG noch die Siemens Nixdorf Informationssysteme blieben als Unternehmen in der ursprünglichen Form bestehen. Doch Heinz Nixdorfs unternehmerisches Wirken hatte enorme Auswirkungen auf Stadt und Region Paderborn. Nixdorf leitete mit seinem Unternehmen einen wissensbasierten Strukturwandel ein, der durch die 1972 gegründete Universität verstärkt wurde, die Nixdorf massiv unterstützte.
Zudem tragen zwei Stiftungen, die Heinz Nixdorf kurz vor seinem Tod gegründete hatte, seine Ideen weiter und haben seitdem vorrangig Wissenschaft und Lehre gefördert. Doch auch der Sport gehört zu den Stiftungszielen ganz im Sinne von Heinz Nixdorf, der selbst ein engagierter Sportförderer war und mit Leidenschaft Sport betrieb. Als Segler im Starboot mit seinem Vorschoter Josef Pieper errang er Tagessiege bei Weltmeisterschaften.
Die sichtbarsten Zeugnisse von Heinz Nixdorf Wirken in Paderborn sind der Ahorn-Sportpark, eine multifunktionale Sportarena mit 100.000 Quadratmetern Fläche, und das 1996 eröffnete Heinz Nixdorf MuseumsForum (HNF), das weltgrößte Computermuseum, in der ehemaligen Hauptverwaltung der NCAG. Mit zahlreichen Events und neuen oder überarbeiteten Ausstellungsbereichen steht das gesamte Jahr 2025 im HNF unter dem Motto Nixdorf100 (www.nixdorf100.de).