24.03.2023

Analog und Digital

Fünf neue Ausstellungsbereiche im HNF


Seit 1996 präsentiert das Heinz Nixdorf MuseumsForum die Geschichte, Gegenwart und Zukunft der Informationstechnik. In dieser Zeit ist sehr viel im IT-Bereich geschehen. Das Internet erlebte seinen Siegeszug, Roboter und Künstliche Intelligenz sorgten für Furore und vielfach hat sich der Blick auf vergangene Entwicklungen geändert. So ist das weltgrößte Computermuseum permanent im Umbruch, nimmt neue Trends auf, beleuchtet bestimmte Themen anders.

Seit dem 24. März schlägt sich diese Entwicklung in fünf neuen Ausstellungsbereichen nieder. Drei wurden komplett überarbeitet, zwei neue Themengebiete, die bisher nicht vertreten waren, neu aufgenommen.

„Mit den neuen Bereichen führen wir die Attraktivitätssteigerung des Museums weiter“, unterstrich HNF-Geschäftsführer Dr. Jochen Viehoff bei der Eröffnung der neuen Abteilungen. „Wir versuchen, permanent am Puls der Zeit zu sein sowohl was die Themenauswahl betrifft als auch die Form der Präsentation.“

Analogrechner

Dies wird besonders deutlich bei den Analogrechnern. In den 1960er- und 1970er-Jahren hatten sie ihre Hochzeit, waren in zahlreichen Forschungslaboren vertreten und vor allem bei Anwendungen in Naturwissenschaft und Technik erheblich leistungsfähiger als ihre digitalen Verwandten. Mit der enormen Leistungssteigerung der Digitalrechner und ihrer einfacheren Bedienbarkeit verschwanden Analogrechner immer mehr. Doch heute erleben sie eine Renaissance.

Wie Rechenschieber nutzen sie kontinuierliche Werte und keine digitalen Zahlen, um Berechnungen durchzuführen. Während des Rechenvorgangs lassen sich die Parameter verändern und deren Auswirkungen sofort ablesen. Was sie aber für die Zukunft wieder interessant macht, ist ihr deutlich geringerer Energieverbrauch. „Analogrechner lassen sich nicht in allen Bereichen einsetzen, aber bei bestimmten Problemstellungen sind sie konkurrenzlos“, beurteilt Viehoff die zukünftige Bedeutung der Analogrechner.

Im HNF steht ein Telefunken RA 770 von 1971 im Mittelpunkt, einer der leistungsfähigsten Analogcomputer überhaupt. Ein weiterer Telefunken-Rechner, ein Kleinrechner für Ausbildungszwecke aus Paderborn, eine Additionsmaschine und nicht zuletzt eine Multimedia-Station tragen zum Verständnis der Technik bei. Auch aktuelle Entwicklungen wie analoge Chips sind zu sehen.

Digitalfotografie

Nicht analog, sondern digital entwickelte sich in den letzten 30 Jahren die Fotografie. Im HNF ist das älteste Objekt in diesem neuen Bereich eine Sony Mavica von 1987. Diese Videokamera speicherte elektronische, aber noch analog erzeugte Bilder auf einer Diskette. Mitte der 1990er-Jahre kamen die ersten Digitalkameras auf den Markt, die einigermaßen qualitätvolle Fotos erzeugten. In der Ausstellung sind 15 Modelle, von der einfachen Digicam bis zur hochwertigen Spiegelreflexkamera, zu sehen, die exemplarisch für die rasante Entwicklung stehen. Zugleich werden einige entsprechende Speicherelemente ausgestellt. Den Besuchern steht eine Bildschirmanwendung zur Verfügung, welche die Qualität der Kameras vor Augen führt. So ist mit einem Fingertipp zu erkennen, wie pixelig und „farbenfroh“ die Realität noch vor 25 Jahren abgebildet wurde.

Doch auch heute produziert nicht jede Kamera und jedes Smartphone perfekte Fotos. Wer die Qualität seines eigenen Geräts testen will, kann diese anhand einer Testkarte überprüfen.

Zum Einsatz kommt die Kamera bei einer besonderen Attraktion: Die Darstellung eines gut zwei Meter großen, scheinbar dreidimensionalen Dinosauriers lädt zu außergewöhnlichen Selfies ein.

Hacker

Modelle von Dieselloks verweisen im HNF auf eine Geburtsstätte der Hackerkultur, den 1946 gegründeten Modelleisenbahnclub am Massachusetts Institute of Technology (MIT), wo die Nerds den Eisenbahnverkehr mit Relais regelten.

Eine spezielle Forms des Hackens war das Phreaking, das kostenlose Nutzen von Telefonleitungen, das um 1970 vor allem John Draper alias Captain Crunch betrieb. Im HNF können die Besucher ausprobieren, wie es war, mit einer sogenannten Blue Box das Telefonsystem zu überlisten und kostenlos um die Welt zu telefonieren.

Das Datenklo des Chaos Computer Clubs ist beinahe eine Ikone der Hackerkultur. Das ab 1984 verbreitete illegale Bastlermodem ermöglichte zu einem relativ geringen Preis die Datenfernübertragung.

Eine besondere Attraktion ist die ganz neu im HNF vorhandene einmalige „Maschine 1“, die Studenten aus dem Rheinland vor 50 Jahren nutzten, um beim Blackjack dem Glück auf die Sprünge zu verhelfen. Das Objekt ergänzt den bereits vorhanden Schuhcomputer, mit dem ein Team um den Physiker Doyne Farmer in den 1970er-Jahren versuchte, im Casino den Lauf der Roulettekugel vorherzusagen.

An einem Monitor begegnen die Besucher einem lebendigen Computervirus. Der Casino-Virus von 1990 startete auf befallenen Rechnern ein kleines Glücksspiel. Die Gewinnchance betrug 17,2 Prozent. Ansonsten war der Zugriff auf die Daten nicht mehr möglich.

Minicomputer

Schrankgroß waren in den 1960er- und 1970er-Jahren die Minicomputer. Doch im Vergleich zu damals üblichen Rechenzentren waren sie recht kompakt und vielseitig einsetzbar. Die PDP-8 war das Standardmodell dieser Rechnerkategorie, von der im HNF die Version PDP-8/E zu sehen ist. Interaktiv wird es bei Spacewar!, einem der ersten Videospiele von 1962, das zuerst auf einer PDP-1 lief und hier von jedermann gespielt werden kann.

Textsysteme

Komprimiert, aber mit teils neuen Objekten präsentiert sich der Ausstellungsbereich zu den Textsystemen. Diese Computer waren speziell für die Textverarbeitung konzipiert. Das Nutzen von Textbausteinen und das einfache Ausführen von Korrekturen waren die wesentlichen Vorteile der Geräte. Ihr Ende kam mit dem Aufkommen der PC.

Zu sehen ist eine IBM Magnetkarten-Schreibmaschine MK 72 sowie ein Textsystem der Firma Wang, die in den 1970er-Jahren den Schreibautomaten zum Durchbruch verhalf.

Öffnungszeiten und „Sachen-machen-Tag“

Die neuen Ausstellungsbereiche befinden sich alle im 2. Obergeschoss des HNF und sind zu den üblichen Öffnungszeiten des Museums zugänglich: dienstags bis freitags von 9 bis 18 Uhr, am Wochenende von 10 bis 18 Uhr.

Eine kostenlose Möglichkeit, die neuen Ausstellungsbereiche kennenzulernen, besteht am Sonntag, 2. April beim „Sachen-machen-Tag“ im HNF. Der Tag richtet sich vor allem an Familien und bietet ein buntes Programm zum Spielen, Staunen und Mitmachen

Mehr auf www.hnf.de/neue-ausstellungsbereiche

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